St. Michaeliskirche Gegen Ende des 17. Jahrhunderts erhält Probbach auf Betreiben einer Frau eine kleine Kapelle sowie ein Vikariehaus. ( Siehe hierzu Aufsatz unter Heimatkunde ) Die Legende will es, dass Elisabeth Diel unter hohem persönlichem Einsatz von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt zog, um Spenden für den Bau einer Kapelle in Probbach zu sammeln. Selbst der für seine umfassende Kenntnis unserer Westerwaldgeschichte bekannte ehemalige Arborner Dorfschullehrer Leonhard Hörpel veröffentlichete 1926 einen Bericht über die Tätigkeiten dieser Frau. Die kleine Dreifaltigkeitskapelle 1687 erbaut und 1778 erweitert war in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits zu klein und so baufällig, dass man sich mit dem Neubau eines größeren Gotteshauses beschäftigte. Seit 1860 bemühte sich der örtliche Geistliche Kaplan Jakob Fluck mit einem Schreiben an seine Mitbrüder um Spenden für einen Kirchenneubau in Probbach. Er muss mit seinen Bettelbriefen einen gehörigen Eindruck hinterlassen haben. Das Diözesanarchiv Limburg verwahrt Urkunden und Abrechnungen über Kollekten in seinem Bestand die Zeugnis ablegen über die Spendenbereitschaft der Gläubigen, auch aus Nachbardiözesen, wie beispielsweise den Bistümern Paderborn und Münster/Westfalen, aber auch weit über die Landesgrenzen hinaus. Selbst aus der Stadt Haarlem im Westen des Nachbarlandes Niederlande erreichten Spenden den kleinen Ort. Probbach war in dieser Zeit eines jener armen Dörfer im Westerwald, wo der sauer erworbene Verdienst nicht ausreichte, alle hungrigen Mäuler zu stopfen. Die karge Ackerkrume und die nassen und sauren Wiesen ließen wenig Nahrung wachsen, und die Möglichkeiten für einen Nebenerwerb waren gering. Selbst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war dies im gesamten Westerwald noch bittere Wirklichkeit. Aus dem im klimatische begünstigten ober-rheinischen Tiefland liegenden, mit allen irdischen Gütern gesegneten Elsass kommend, verschlug es 1870 einen jungen Mann Namens Rentz in diese Armut. Er wird in Probbach als “Expositus” (Geistlicher in einem angegrenzten Seelsorgebezirk einer Pfarrei) tätig. Die hier von ihm angetroffene Not muss den Jungen Mann wie ein Schock getroffen haben. Spontan nahm er die bisherige Sammeltätigkeit seines Vorgängers zur Beschaffung von Geldern für den Bau eines neuen Gotteshauses in Probbach wieder auf. Der im Original im Diözesanarchiv Limburg aufbewahrte gedruckte Bettelbrief schildert dies sehr plastisch. “..die bis jetzt benützte kleine Kapelle ist aber jetzt sehr baufällig geworden, die Mauern, das Türmchen und besonders das Dach sind so schadhaft geworden, dass trotz aller Reaparatur dennoch der Regen in das Innere des Gotteshauses dringt und sogar der Einsturz desselben sehr nahe ist, Die kleine Kapelle anfänglich für 300 bis 400 Einwohner gebaut, nunmehr 1200 bis 1300 Einwohner zu fassen, was geradezu unmöglich ist. Die Folge hiervon ist, dass leider ein zu großer Teil dieser armen Bewohner nach mühsamem Tagewerk während der Woche an Sonn- und Feiertagen im Winter bei Sturm und Regen, bei Kälte und Schnee während des Gottesdienstes unter freiem Himmel stehen muss, weil der Raum im Innern zu beengt ist...” Kaplan Fluck hatte leicht übertrieben und die neue Kirche in seinen Bettelbriefen und den Planungen auf reichlich Zuwachs in der Bevölkerung berechnet. 1873, noch vor der Konsekration des neuen Gotteshauses, verließ Expositus Reitz Probbach und übernahm eine Stelle als Expositus in Ahlbach, im damaligen Amt Hadamar. Doch auch von dort aus überwachte er den Fortgang des Kirchenneubaus. Am 29. September 1873, dem Festtag des hl. Michael weihte Kaplan Bergmann die neue KIrche ein. Probbach feierte in seiner, im neuromanischen Stil erbaute Basilika, die allein schon durch ihre einfache äußere Form besticht, seine Gottesdienste. Aber mit der Einweihung allein war es nicht getan. Denn genauso schlicht wie das Äußere des Gotteshauses war auch das Innere gehalten. Es sollte noch eine geraume Zeit dauern, bis die Kirche ihr heutiges Aussehen hatte. Expositius Reitz sammelte nicht nur Geld, er war auch mit der Betreuung des Bauvorhabens und den Verhandlungen mit den Handwerkern befasst, Eindrucksvoll schildert der im Diözesanarchiv Limburg verwahrte Schriftwechsel zwischen Expositus Reitz, den Handwerkern und dem Bischhöflichen Ordinariat unter anderem auch die finanziellen Probleme während und noch nach der Bauzeit und welche Opfer die Gläubigen des kleinen Westerwalddorfes für ihr Gotteshaus zu geben bereit waren. Aufschlussreiche Aufzeichnungen von Expositus Reitz über seine Verhandlungen mit Handwerkern und die Auftragsvergabe der Schreinerarbeiten, der Herstellung und Lieferung des Altartisches und weiterer Arbeiten sind dort vorhanden. Parallel dazu finden sich die entsprechenden Stellungnahmen und Genehmigungen des Bischöflichen Ordinariates zu den Verhandlungen und Auftragsvergaben. Im Diözesanarchiv Limburg findet sich ein im Stil jener Zeit und in gestochener Handschrift verfasstes Bittschreiben des Kirchenvorstandes von Probbach, datiert vom 13. März 1876, an das Bischöfliche Ordinariat zu Limburg. Es gibt in deutlichen Worten die Situation im Ort selbst und die Sorgen der damalig Verantwortlichen wieder: “Wie Bischöflichem Ordinariate zu Limburg sehr wohl bekannt ist, hat die Gemeinde Probbach wegen Mangel an Fonds durch milde Gaben wohltäthiger Menschen von nah u.[nd] fern wohl unter der Führung der Bischöflichen Behörde Limmburgs eine schöne prachtvolle Kirche erbaut. Die Bauarbeit konnte trotz allen Gaben und persönlichen Hilfeleistungen der Einwohner Probbachs und Winkels nicht weitergeführt werden, dass vorläufig Gottesdienst abgehalten werden konnte. In 1874 hielten wir nochmals in hiesiger Gemeinde eine Hauscollecte zur Anschaffung von Stühlen, was dann auch zum Segen Gottes soweit gekommen, dass wir die alten Stühle in dem Dom zu Limburg uns ansteigern und in hiesiger Kirche beschaffen konnten. Nun fehlt aber noch im Inneren der Kirche was in ein kathol.(isches) Gotteshaus gehört zum Beispiel Kanzel, Seitenaltäre, Orgel usw. Der sehnlichste Wunsch der hiesigen Einwohner wäre, eine Gott dem Herrn angemessene Wohnung zu dessen Verehrung herzustellen. Obgleich der gute Wille der hiesigen Einwohner noch nicht erstorben ist, so verbietet doch manchem Bürger seine ärmliche Lage resp.[ective] Verhältnisse noch weitere große Opfer zu bringen. Trotzdem werden wir immer unsern Muth noch nicht sinken lassen u.[nd] alles aufbieten was wir immerhin können. Von mehreren wohlthätigen Christen ist uns eine Summe von 60 [Mark] zugesendet worden. Ist aber bei weitem nicht ausreichent zur Deckung der Kosten für diese Gegenstände, müssen deshalb nochmals weitere Hilfe anrufen.Wir ersuchen nun ganz ergebenst im Namen der hiesigen Kirchengemeinde Bischöfliches Ordinariat in Limburg uns die Genehmigung erteilen zu wollen um Abhaltung einer allgemeinen Kirchencollecte bei unseren kathol.[ischen] Mitbrüdern des Bisthums Limmburg. Für jede milde Gabe, sei sie noch so klein, sagen wir vorläufig schon unsern ergebensten Dank. Hochachtungsvoll harret der ergebenste Kirchenvorstand von Probbach” Die klaren, einfachen Formen des sakralen Bauwerkes haben wohl in den ersten Jahren des beginnenden 20. Jahrhunderts eine Gruppe junger Künstler um den Limburger Kirchenmaler Heinrich Sebastian dazu bewogen, sich dem Kirchenvorstand anzubieten, um den bisher nur weiß getünchten Innenraum der Kirche in dem gerade aufgekommenen Jugendstil für den vergleichsweise geringen Betrag von 3.700 Mark auszumalen. Diese Kirchenmalergruppe gab der Kirche die heutige Prägung. Der Chor und Altar wurden unter Expostius Urban in 1901 ausgemalt. Unter Fortführung der von Sebastian gefertigten Entwürfe wurden das Haupt- und die Nebenschiffe unter Expositus Jakob Kohlhaas in 1902 fertiggestellt. Die dem seinerzeitigen Kirchenvorstand und dem amtierenden Kaplan vorgelegten Entwürfe des Kirchenmalers Sebastian fanden nicht ungeteilte Zustimmung. Dem einen war die Ausmalung zu bunt und überschwänglich, der andere fand das Stilgemisch aus dem neuen Jugendstil und der mittelbyzantinischen Kunst im Chor der Kirche unpassend. Nach einigen Korrekturen hat man das Angebot der Künstlergruppe angenommen und sie gewähren lassen. 1902 waren die Arbeiten abgeschlossen. Das Ergebnis konnte sich damals und erst recht heute sehen lassen. Drei große Gemälde zieren die Decke, darunter ein Weihnachtsbild in warmen Farbtönen von Braun und Dunkelblau, mit ein wenig Rot und Weiß. Die Apsis beherrscht eine Darstellung des Neuen Testaments, die gekrönt wird von einem Bild des Jüngsten Gerichts mit Christus als endzeitlichem Weltenrichter, der die Gerechten von den Ungerchten scheidet, thronend zwischen Maria und Johannes dem Täufer als Fürsprecher in klaren Farben von Rot und Blau, abgesetzt vom weißen Grund, aus dem goldene Sterne funkeln.Aus den Zwischenräumen der Chorfenster schauen die Kirchenväter auf die Gläubigen herab. In den Säulenbogenfenstern sind Petrus und Paulus als Träger des Neuen Bundes und Jesja und Jeremias als Träger des Alten Bundes zu sehen. Als einmaliges Ereignis für das kleine Westerwalddorf Probbach ist wohl die Tatsache zu sehen, dass die damaligen Künstler den mittelalterlichen Malern wie z.b. Martin Schongauer aus Colmar nacheiferten und Einwohner zu ihren Modellen machten. So sehen Probbacher Groß- und Urgroßväter heute ernst und gütig auf ihre Enkel herab. Weitere erhebliche finanzielle Anstrengungen, Kollekten und Sammlungen waren erforderlich, bevor in den späten 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts endlich der langersehnte Hochaltar eingeweiht werden konnte. Die Wind und Regen ausgesetzte Westseite des Kirchenbauwerks hatte in den zurückliegenden Jahren stark gelitten. Um diese Seite zu schützen und stützen, wurde in den Jahren 1950/51 wiederum mit großen Idealismus ein 32 m hoher Kirchturm angebaut. Dieser Turm vergrößerte den Innenraum und nahm den Glockenraum und die Empore auf. 1975 wurde das Kirchengebäude erstmalig renoviert, um die ursprüngliche Ausmalung annähernd wieder herzustellen, die Anfang der 50. Jahre grundlegend verändert worden war. Die Feuchtigkeit des Bauwerkes, Kerzenruß und Heizungsluft haben Spuren hinterlassen, so dass eine erneute Restaurierung im Jahr 2003 nötig wurde. Mit großem Aufwand wurden alle Teile der Kirche, auch die Engelbilder über den Seitenaltären, wieder in ihren Originalzustand versetzt. Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Kirchenbänke durch neue, bequemere Bänke ersetzt und die alten den Flammen übergeben oder zweckentfremdet verwendet. Einzelne Bänke konnten jedoch vor der Entsorgung bewahrt werden und fanden sich auf Speichern oder Schuppen. Ein Einzelstück verblieb im Eingangsbereich der Kirche. Der barocke Stil der geschnitzten Wangen lässt vermuten, dass die Bänke im ausgehenden 17. Jahrhundert entstanden sind. Mehr als 3 1/2 Jahrhunderte haben die aus massivem Eichenholz gefertigten Bänke den Gläubigen gedient. Traurige und glückliche Begebenheiten haben die Gläubigen darauf ihrem Herrgott erzählt, gebetet, um Vergebung und Hilfe gefleht. Der Schreiner und passionierte Möbelrestaurator Heinz Eckert aus Probbach hat eine der Bänke detailgenau und liebevoll restauriert und dabei besonders schön die kunstvollen, im barocken Stil geschnitzten Wangen der Bank herausgearbeitet. Neben der fachgerechten Bearbeitung des jahrhunderte alten Eichenholzes sowie der mit geschnitzten Holzstiften gefügten Gefache des Rückenteiles, ist es Heinz Eckert hervorragend gelungen, die ursprüngliche Farbgebung der Bänke wiederherzustellen. Quelle: Auszug aus dem Aufsatz “Für den Bau der Probbacher Kirche spendeten auch Elsässer Christen” von Erwin Schön Kreisheimatjahrbuch Limburg-Weilburg 2005 Seiten 245-249 P:S: Eventuelle Rechtschreibfehler entstammen den Originalschriften und sind hier lediglich übernommen. Sie stammen aus der Zeit, in der noch keine einheitliche Schreibweise galt . Wer welche findet, kann sie behalten!
Foto aus Bildband des Pfarrgemeinderates Probbach Repro: Erwin Schön Foto aus Bildband des Pfarrgemeinderates Probbach Repro: Erwin Schön Foto aus Bildband des Pfarrgemeinderates Probbach Repro: Erwin Schön Original im Diözesanarchiv Limburg